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Fallstudien

I.   Evolutionsgenetik des Menschen (verantwortlich: Tino Plümecke)

Unsere Untersuchung nimmt Forschungsprojekte der Humangenetik in den Blick, die die globale Verteilung von Allelfrequenzen menschlicher DNA als Gradienten statt als diskrete Cluster konzipieren. Mit der Fallstudie sollen unter anderem folgende Fragen beantworten werden: Wie arbeitet Humandiversitätsforschung, die starre Konzepte zu überwinden sucht? Wie kann genetische Variabilität auf reflexive und verantwortlicher Weise beschrieben werden? In der Untersuchung arbeiten wir mit teilnehmender Beobachtung, mit Interviews mit relevanten Akteuren und mit Dokumentenanalysen.

II.  Forensik/Kriminalistik (verantwortlich: Nils Ellebrecht)

Die Fallstudie befasst sich mit forensischen DNA-Analysemethoden und den dahinterstehenden Konzepten und Technologien. Untersucht wird zum einen, wie individuelle genetische Merkmale in Gruppenähnlichkeiten und -unterschiede übersetzt werden, zum anderen welche Bedeutung phänotypischen Ausprägungen dabei zufällt. Dafür interviewen wir Experten aus dem juristischen, genwissenschaftlichen, kriminaltechnischen und kriminalpolizeilichen Bereich zur erweiterten DNA-Analyse. Ein zweites Arbeitspaket vergleicht, wie die erweiterte DNA-Analyse in unterschiedlichen europäischen Ländern rechtlich und institutionell umgesetzt wurde und wird. Dabei gilt das Interesse insbesondere der Frage, wie in Laboren und polizeilichen Organisationen mit forensischem Wissen gearbeitet wird.

III. Epidemiologie (verantwortlich: Andrea zur Nieden)

Diese Fallstudie untersucht, wie in epidemiologischen Studien in Deutschland menschliche Diversität erfasst, operationalisiert und dargestellt wird. Während es in epidemiologischen und klinischen Studien etwa in den USA inzwischen üblich ist, über Geschlecht und Alter hinaus auch Ethnien zu differenzieren, befinden sich solche Differenzierungen in Deutschland mit der Erfassung von Migrationshintergrund noch im Aufbau. Wir führen dazu Dokumentenanalysen, Interviews mit relevanten Akteuren und teilnehmende Beobachtungen durch.

IV. Pharmakologie (verantwortlich: Andrea zur Nieden)

Mit dieser Fallstudie analysieren wir, wie ethnische Kategorien in multi-regionalen klinischen oder pharmakologischen Studien mit deutscher Beteiligung übersetzt und operationalisiert werden. Wenn Medikamente auch in den USA vermarktet werden sollen, verlangt die „Food and Drug Administration“ (FDA), dass in den Zulassungsstudien die US-Differenzierungen angewandt werden. Wie gehen Studien in Deutschland mit Kategorien wie „Caucasian“, „Hispanic“ oder „African-American“ um, die auf den soziopolitischen Kontext der USA zugeschnitten sind?

V.  Medizinische Forschung und Praxis (verantwortlich: Nils Ellebrecht)

Das Teilprojekt beginnt Anfang 2021. Es nimmt die Ergebnisse der anderen Teilprojekte auf und untersucht, welche Bedeutung unterschiedlichen Konzepten zur Humandifferenzierungen in der medizinischen Forschung und Praxis zufällt. Dafür interviewen wir WissenschaftlerInnen aus deutschen Forschungseinrichungen dazu, warum und wie bestimmte Konzepte gewählt und welche Gründe, Debatten und Kompromisse dabei wichtig wurden.

VI. Neurowissenschaften (verantwortlich: Tino Plümecke)

Dieses Teilprojekt nimmt die Verwendung von Sex und Gender als heuristische Werkzeuge in der neurowissenschaftlichen Forschung in den Blick. Untersucht wird a) wie neue bildgebende Verfahren (wie fMRT) die Konzepte von Sex/Gender umgestalten und diversifizieren, sowie b) wie Versionen von Sex/Gender den Forschungsprozess und das jeweilige Ergebnis beeinflussen. Hier wird besonderes Augenmerk auf jene Forschungspraktiken gelegt, die Geschlecht nicht binär, sondern beispielsweise als Spektrum, als Mosaik bzw. als kontextgebunden zu fassen versuchen.